Ultimadol* – neu in der Therapie der Sepsis, senkt die Mortalität um 67%!

Früher in der Schule war das so.
Der coole Stefan hatte neue Schuhe von Reebok. Wir waren allen Ernstes der Meinung dass Nils deswegen und nur deswegen auf dem Schulhof nun quasi unbesiegbar schnell laufen konnte.

Neue Schuhe von Puma? Ging so. Adidas? Bißchen spießig, aber wenigstens ne Marke. Asics, Deichmann und Co. – wurden nicht erwähnt. Aber diese Superpantoffeln von Reebok, wenn man die hätte, dann wäre man quasi unbesiegbar…

Es kam dann wie so oft, nach Stefan hatte Nico, Nils und Karsten auch welche von Reebok.

Und die gleichen Schuhe die gerade noch als Knüller der Woche gehyped wurden waren auf einmal nur noch so Mittelmaß. Es gab jetzt welche mit Luft inne Sohle! Nike. Musst. Du. Haben.

Zumindest so lange bis der nächste Trend kommt. Buffalos, DocMartens, Chucks.

Das Neue ist eben immer nur solange faszinierend und begeisternd bis es irgendwann auch nur noch normal ist. Das Unbekannte muss am besten ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen.

Das ist in der Medizin nicht anders.

 

Wenn man mal ein paar Jahre in der Medizin dabei ist erlebt man mit schöner Regelmäßigkeit wie ständig neue Medikamente, Techniken und Prozeduren durchs Dorf getrieben werden.

Es ist dann auf einmal total en vogue zum Beispiel bei einer Sepsis ein bestimmtes Spurenelement zu geben und das wird dann auf allen Kongressen gepredigt, alle singen das Loblied auf den neuen Heilsbringer mit und die Chefs tragen die frohe Kunde von den wichtigen Kongressen dieser Welt in die Grundversorgerkrankenhäuser dieses Landes.

Ab sofort müssen 3000mg davon in den ersten zwei Stunden infundiert sein, danach Erhaltungsdosen, es gibt Charts, Algorithmen und Verfahrensanweisungen.

Ziemlich genau dann wenn der letzte Praktikant es gerafft hat, dass man bei diesem Krankheitsbild jenes Medikament geben soll kommt eine neue Studie heraus die auf anderen Kongressen vorgestellt wird und die ziemlich genau besagt, dass das ja so großartig alles nicht ist. Man wüsste nicht genau ob und eigentlich ist der Effekt auch eher nicht so ausschlaggebend und wenn man das so macht gibt es zwar nach 3 Monaten weniger aber nach 6 Monaten mehr Tote. Oder so ähnlich.

 

Wehe der gottverlassenen Dorfklitsche die diesen Punkt verpasst und wehe den in ihr arbeitenden Laienmedizinern welche sich trauen zu sagen, dass sie jenes Medikament bei diesem Krankheitsbild immer noch (!) geben. Wie sehr kann man denn bitte von vorgestern sein?

Und dann gehen manchmal zehn bis zwanzig Jahre ins Land und dann stellt irgendjemand fest, dass dieses Medikament bei jenem Krankheitsbild damals™ zwar keinen so tollen Nutzen hatte aber jetzt bei einem anderen Krankheitsbild ganz wunderbar funktioniert. Da wurde wohl der Endpunkt für die Studie falsch gewählt.

In der Summe aber dann doch ganz gut, es reichen aber auch 100mg statt 3000mg und es ist auch nicht so wichtig, dass es in den ersten Stunden drin ist, hauptsache man macht es.

Ein Kollege nannte sowas „Schlaghosen der Medizin“. Sind irgendwann in, werden von allen getragen, sind dann out – weil Mainstream – und werden nach zwanzig Jahren ausgekramt und als doch wieder ganz passabel angesehen.

Wirklich revolutionäre Entwicklungen sind in der Medizin doch eher rar geworden. Das ist ja auch eigentlich ganz verständlich und letztlich nur logisch.

Die Zeiten in denen ein Medizinstudent durch Forschung ein Mittel zur Behandlung von Diabetes entdeckt sind seid hundert Jahren vorbei.

Ich glaube es ist der innige Wunsch unseren Patienten noch besser helfen zu wollen der dafür sorgt, dass solche Therapieoptionen, Prozeduren und Medikamente einen zeitweisen Hype erleben.

Nicht akzeptieren zu können, dass ein gewisser Anteil der Patienten an der Erkrankung nun mal verstirbt ist ein ureigener Antrieb von Forschung und Lehre und genau so muss es auch sein.

 

Vielleicht ist die entsprechende Euphorie in diesem Kontext ja auch verständlich. Mit der Zeit habe ich aber doch einen etwas verhalteneren Optimismus was neue Therapieansätze angeht. Ich lass die Sau erstmal ein paar Runden durchs Dorf drehen und wenn ich nachmittags auf einen Kaffee zum Marktplatz gehe und die Sau das Thema ist immer noch ein Thema dann bin ich auch gerne bereit mir das mal genauer anzugucken.

 

*Ultimadol gibt es nicht. Noch nicht. Vielleicht.

Traumamanagement Premium ® Kurs

Wenn die Kinder mal aus dem Haus sind, dann habe ich jetzt was handfestes. Etwas eigenes. Ich habe am Wochenende mein Jodeldiplom den TraumamangementPremium®-Kurs nach DIVI-Kriterien gemacht und darf mich jetzt für vier Jahre „TraumaManager“ nennen. Mal sehen, ob ich damit beim Dönerladen meines Vertrauens Prozente bekomme.
Kursunterlagen Traumamanagement (R) Premium

Ich werde im nächsten Jahr zu einem Maximalversorger (= groooßes Krankenhaus) mit Luftrettung (Yeah Baby!) und notfallmedizinischem Schwerpunkt wechseln. Dafür wollte ich meine Kenntnisse in der Schwerverletztenversorgung festigen. Dafür gibt es in Deutschland den TraumaManagement-Kurs als deutsches Kursangebot und den PHTLS-Kurs nach amerikanischem Vorbild. PHTLS wird manchmal auch als Fachverpacker-Workshop bezeichnet. Kritisiert wird, dass die Pat. quasi nur so schnell wie möglich eingepackt werden und losgekachelt wird. Das ist in vielen Fällen bei kritisch kranken Menschen auch angebracht (innere Blutung etc.), in vielen Fällen aber auch nicht. Bei Atemwegsproblemen bringt mir auch das schnellste Geheize nichts, wenn der Pat. auf dem Weg zur Klinik verstirbt und durch eine einfache Maßnahme (Thoraxdrainage / Intubation o.ä.) hätte gerettet werden können.
Thoraxdrainage
In dem dreitägigen Kurs wird die Theorie vorher zuhause gelernt und in einem Eingangstest abgeprüft. An den drei Tagen gibt es sehr, sehr viele Praxisübungen die teilweise sehr realistisch und mit professionellen Mimen gestaltet werden.
Falltraining Polytrauma
Traumeversorgung ist für den bodengebundenen Rettungsdienst fast immer eine große Ausnahme. Was das ganze verkompliziert, ist dass die Pat. sehr krank sind und man das einfach nicht täglich macht. Anders sieht das in der Luftrettung aus, da kann man mit so einem Krankheitsbild schon fast rechnen.
Ich dachte (!), ich wäre ganz fit in der Traumaversorgung. Was ich in dem Kurs gelernt habe, war vor allem den Überblick zu behalten, Aufgaben zu delegieren, im Team auf eine richtige Kommunikation zu achten und Rückmeldungen einzufordern um Missverständnisse aufzudecken. Die Kenntnisse kann ich auch im Alltag (im OP, auf der Intensiv…) aber auch bei anderen Pat. im Notarztdienst anwenden.
Vielleicht werde ich demnächst noch etwas ausführlicher berichten, falls es hier Interesse gibt. Anybody? 😉
Fragen?
ABCDE-Grüße,

der Narkosearzt