Monika, 49 J., weiblich

Monika war als Patientin eher der männliche Typ. Was von selbst kommt, geht auch von selbst weg. Solange ich nicht krank bin, brauche ich auch keinen Hausarzt.
Ein bisschen Migräne, ein wenig Wechseljahresbeschwerden, sonst ist da nicht viel. Im Betrieb war sie nicht einen Tag krank. Ausbildung bei einem Logistikunternehmen, dann bei der Deutschen Bahn jahrelang als Bahnhofssprecherin tätig. Jahre später dann durch ein paar mp3-Dateien ersetzt wechselte sie in einen anderen Bereich im Innendienst, koordinierte Züge, war nie krank, nicht einen Tag. Wegen so ein bißchen Unwohlsein geht jemand wie Monika nicht ins Krankenhaus. Monika wartete bis es nicht mehr ging. Sie bekam Brustschmerzen, Kopfschmerzen, ein Engegefühl in der Brust, Panik, Vernichtungsangst. 112. Rettungsdienst, Transport, Notaufnahme.
Bei Aufnahme war ein Puls von 205/min auffällig. In der Annahme einer supraventrikulären Tachykardie (Herzrhythmusstörung)  erhielt die Pat. unter anderem Adrekar, pausierte kurz und kurz darauf raste ihr Herz mit 200/min weiter. Trotz konservativer und erweiterter medikamentöser Maßnahmen konnten wir Monikas Herz nicht bremsen. Bei Übernahme auf die Intensivstation war Monika ziemlich grau, der wachen Patientin wurden in Erwartung einer baldigen Dekompensation Defi-Paddles aufgeklebt, eine Arterie gelegt, ein ZVK gelegt, Echo durchgeführt, Tubus gerichtet. Alles parallel zur laufenden medikamentösen Therapie. Klar war, dass sie mit dem rasenden Herzen schon länger rumgelaufen ist und umso weniger Reserven verblieben. Monikas Herz pfiff aus dem letzten Loch.
Unter fachkardiologischer Aufsicht und Therapieführung bekam Monika Cordarex, Beloc, Dobutamin, Arterenol, letztlich auch Suprarenin. Auf kleinste Änderungen der Dosierungen reagierte ihr Herz extrem empfindlich, alles in allem für eine 49-jährige bisher gesunde Frau sehr ungewöhnlich. Unter der Therapie verbesserte sich ihr Zustand zögerlich, eine Intubation und (mechanische) Reanimation war zum Glück nicht notwendig. Im Echo zeigte sich eine Auswurfleistung des Herzens von nur noch 9 % (>55% ist normal, <30% entspricht einer hochgradigen Einschränkung). Ursächlich war bei Monika am ehesten eine verschleppter Infekt mit folgender Herzmuskelentzündung. Laut unseren Kardiologen ist nicht davon auszugehen, dass sich ihre Herzfunktion wieder auf ein annähernd normales Maß erholt.

Monika wurde gestern zur Uniklinik verlegt, zwecks Listung für eine Organtransplantation.  Monika wird ein neues Herz benötigen, ihr eigenes ist zu schwach.

Mit viel Glück findet sich ein Spender.

Sag mal Narkosearzt, was verdient eigentlich so ein Notarzt?

Um es vorneweg zu nehmen: meiner Meinung nach gibt es keine Berufsgruppe in der die Differenz zwischen eigenem Verdienst (ganz weit oben!) und der beklagenswerten Rumjammerei über die ach so schlechte Bezahlung („ganz weit unten!“) so weit auseinander driftet.
Ich glaube, dass man als Arzt wirklich gut verdient und auch wenn man mit dem langen Studium ( zahlt der Staat, kostet ca. 200 000€ ), dem Verdienst in anderen Ländern oder den Arbeitsbedingungen argumentiert: es bleibt ein sehr gut dotierter und vor allem sehr sicherer Arbeitsplatz. Ist das nicht auch jede Menge wert?
Egal, ich schweife ab.
Bei uns ist der Notarztdienst normale Einsatzzeit, wenn ich über Nacht arbeite bekomme ich am nächsten Tag einen Freizeitausgleich. Das Grundgehalt richtet sich nach dem Alter des Arztes und der Erfahrungsstufe (Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt oder Chefarzt). Die Tarife können z.B. hier (Anhang A zur Anlage 30 s. NRW) nachgelesen werden.
Zusätzlich bekommen wir ab 16 Uhr 25€ für einen Einsatz.
Also Grundgehalt plus Einsatzpauschale. Das kann man so gesehen nur sehr schlecht auf den einzelnen Einsatz umlegen.
Klarer wird es da schon bei „reinen“ Notarztverträgen. Im Rahmen von Honorartätigkeiten kann man als Arzt unabhängig von der eigenen Klinik bzw. sogar gänzlich ohne Festanstellung über die Lande tingeln und freie Notarztdienste besetzen. Die werden über Vermittlungsagenturen (z.B. Notarzt-Börse, „Rent a doc“ und andere) vergeben. Die Honorare richten sich ein wenig nach den Einsatzgebieten.
In einem sehr ruhigen Einsatzgebiet (ca. 5-10 Einsätze / 24h) werden im Schnitt so 25-30€ pro Stunde gezahlt. Da ist es egal wie oft man rausfährt.
In manchen Großstädten in NRW bekommt man auch mal mehr, bis zu 40€ pro Stunde. Das sind dann aber auch schon gerne mal irgendwelche Brückentage oder Feiertage. Alternativ gibt es manchmal auch 25€ pro Stunde + 25€ pro Einsatz. Klingt gut, ist im Regelfall aber weniger als 35€/h weil es dann meistens wenige Einsätze gibt.
Realistisch sind es also so 30-35€ pro Stunde inkl. etwaiger Einsatzzulagen.
Wir reden hier vom Brutto. Abgezogen werden muss davon die Einkommenssteuer, Haftpflichtversicherung, Sozial-, Kranken-, Pflege-, Unfall-, Arbeitslosenversicherung und Altersvorsorge. Realistisch bleiben nach einem 24h-Dienst mindestens 24 Stunden (besser 48h) frei. Wenn man viel Wert darauf legt, den ersten Herzinfarkt vor dem 50. Lebensjahr zu bekommen, dann kann man die Dienstfrequenz sicher auch höher takten.
Wenn man das dann mal sauber durchrechnet kommt man schnell darauf, dass sich damit nicht die superlange Mark machen lässt, wie sich das manche Patienten gerne mal vorstellen. Sicher, ein Arzt verdient gut, aber die Motivation für die Tätigkeit als Notarzt kommt doch eher von der Leidenschaft für den Beruf.

Ich fahre gerne Notarzt. Ich freue mich, wenn ich Menschen die in eine Notlage geraten sind helfen kann und freue mich über das gute Gefühl etwas richtiges getan zu haben. Dafür nehme ich auch ein sehr hohes Unfallrisiko, Infektionsrisiko, tief fliegende Perfusoren und blöde Arbeitszeiten in Kauf.
Ich kenne keinen, der es wegen des Geldes macht und mit 60 möchte und werde ich das auch nicht mehr machen. Im Moment ist es gut und richtig so wie es ist.
Grüße aus dem Notarztzimmer,

der Narkosearzt

Mein Alltag. „Intensivstation“ der Film.

Wer schon immer mal wirklich fundiert wissen sollte, wie so die Arbeit auf einer Intensivstation aussieht, dem sei das aktuelle „kleine Fernsehspiel“ im ZDF zu empfehlen.
Ich habe mir die komplette Sendung angeschaut und kann sagen: ja, so sieht mein Alltag aus. Viele medizinische Möglichkeiten, die nicht immer alle zu jeder Zeit und bei jedem Patienten sinnvoll sind.
Der Film kommt ohne Kitsch und ohne nervige Sprecher-Kommentare aus und bleibt dabei sehr authentisch. Authentisch ist überhaupt die passendste Beschreibung für diese Doku.
Es sind immer die gleichen Fragen von Leben, Sterben, Entscheidungen, Möglichkeiten, Grenzen.

Den Film gibt es in voller Länger hier:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2038338/Intensivstation?bc=kua884716
Außerdem wird der Film wohl übermorgen (am 03. Januar 2014) um 20:15 Uhr sowie am 04. Januar 2014 auf ebenfalls auf zdf.kultur um 00:30 Uhr nochmals ausgestrahlt.
Ich wünschte es gäbe mal eine ebenso unaufgeregt sachliche, natürliche und eben authentische Reportage über die Anästhesie. Oder den Rettungsdienst.
Und weil der Film so toll ist, hat man ihm auch gleich eine eigene Homepage verpasst, auf die sei hier am Schluss auch noch hingewiesen:
http://www.intensivstation-film.com