Fortbildung TraumaManagement (R) premium

Vorweg in eigener Sache Präambel:

Die geschilderten medizinischen Themen sind keine Ratschläge oder Empfehlungen und ersetzen in keinem Fall die Konsultation eines Arztes oder die sorgfältige literarische Recherche geschweige denn die Fortbildung in einem Seminar oder in Workshops.
Ich erhalte keine Provision oder anderweitige Unterstützung durch den Veranstalter. Der Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Objektivität in der Berichterstattung.

Wie von einigen gewünscht werde ich hier von meinen Erfahrungen im „TraumaManagement premium“-Kurs berichten.
Grundsätzliches zum Kurssystem findet ihr auf http://www.traumamanagement.net
Der Kurs wird beschrieben mit den Schlagworten:
– Intensiv lernen
– Passgenau anwenden
– Teamdynamik entwickeln
– Qualität gewährleisten
– Langfristig profitieren

Intensiv lernen:
Zur Kursvorbereitung erhielt ich ca. zwei Monate vor Beginn des Kurses das begleitende Kursbuch. Über das Buch lässt sich nicht viel schlechtes sagen, die Kursinhalte sind alle abgebildet, es gibt sowohl dem Beginner einen guten Überblick und enthält auch für erfahrene Anwender noch ein paar nutzvolle Tipps (wie z.B. das präkordial geklebte Stethoskop zum „Monitoring“ des Kleinkinds). Wer meckern will findet auch hier etwas schlechtes, dem möchte ich mich da nicht anschließen.
Eine Empfehlung zu einem – aus meiner Sicht (Anästhesist) – wirklich guten „Traumamanagement“-Buch kann ich nicht geben da ich hierzu auf dem deutschen Markt noch nichts gefunden habe. Das ist aber notwendig, denn die amerikanischen Bücher verzerren da alle die Thematik stark, da es präklinisch immer auf ein Load-and-go-Prinzip hinausläuft. Aber wir schweifen ab…
Zum Beginn des Kurses werden in einer kurzen schriftlichen Prüfung ein paar grobe Eckdaten abgefragt. Der Test erfüllt zwei Aspekte:
1) Lernkontrolle ob bereits vor dem Kurs eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Kurs stattgefunden hat. So bleibt im Kurs mehr Zeit für praktische Ausbildung (Übungen, Simulation…).
2) Defizite werden aufgedeckt und können – wo notwendig – im 1:1-Teaching aufgeholt werden .
Am Wochenende selber gab es einen schwerpunktmäßig praktisch orientieren Mix mit vielen Übungen, Workshops und Simulationen sowie Vorträgen zum durchschnaufen, auftanken, updaten.
Ja, es wurde intensiv gelernt.

Passgenau anwenden:
Es wurde auf eine Mischung der Gruppen im gesunden NA/RA-Verhältnis geachtet. Jeder konnte in seiner Rolle bleiben und so auch authentisch die Szenarien durchspielen. Das cABCDE-Schema wurde bis zum Erbrechen wieder und wieder durchgekaut was auch notwendig ist weil es in der Stresssituation des Einsatzes sofort abgerufen werden muss. Es gab viele wertvolle Tipps und Hinweise von erfahrenen Docs die auch direkt umgesetzt wurden. Beispiel: wenn möglich von vorne an den eingeklemmten Patienten herangehen. Warum? Bis zum Beweis des Gegenteils ist bei einem Hochrasanztrauma von einer HWS-Instabilität auszugehen. Komme ich von der Seite auf den Patienten zu und dreht dieser den Kopf daraufhin zu mir könnte bereits das die höchst seltene aber schwerwiegende Bewegung zu viel gewesen sein. Von vorne hingehen, Hand auf die Scheibe legen, Blickkontakt halten, Helfer geht von hinten/Seite an die eingeklemmte Person ran (wenn möglich) und legt einen Stiffneck an. Deshalb auch cABCDE, c wie „cervical spine protection“ oder auch „catastrophic haemorrhages“ was die sofortige Stillung potenziell letaler Blutungen vor Versorung des Atemwegs meint.

Teamdynamik entwickeln:
Wie auch im DIVI-Kurs bereits bemerkt wird ein zunehmender Schwerpunkt auf das Crew-Ressource-Management gelegt. Zu analysieren welche Ressourcen ich zur Verfügung habe und wie diese sinnvoll eingesetzt werden können ist ein essentieller Bestandteil des Trauma-Managements. Bleibe ich und stabilisiere den Patienten vor Ort oder hauen wir die Hacken in den Teer und rauschen schnellstmöglich in den OP? Mache ich diese oder jene Maßnahme noch hier oder im Schockraum mit großem Team und Backupmöglichkeiten? Wie teile ich umstehende Hilfskräfte ein? Wieso ist eine Nachbesprechung so wichtig? Und vor allem: wie werden wir immer besser?
Jeder Fall wurde nachbesprochen, es wurde viel gelobt und wo nötig auch kritisiert aber stets sachlich, nie persönlich. Keiner (!) hat sich bei der Simulation doof angestellt, keiner wurde bloß gestellt, jeder hat ein oder mehrmals „Fehler“ gemacht die übrigens meistens auch bewusst so gewollt waren. Die Ausbilder erkennen Eure Limits und bringen Euch dahin. Zur Not ist es die Kombination aus A,B und C-Problem. Irgendwann kommt jeder ins straucheln und das ist der Sinn von Simulationen. Stress in einer künstlichen Umgebung erzeugen, damit ihr vor Ort beim Einsatz am Menschen ruhig bleibt und Eure Ressourcen komplett zur Verfügung stellen könnt.

Qualität gewährleisten:
Es gibt einen Test vor Beginn des Kurses und zum Abschluss des Kurses. Sehr human, alle haben bestanden, aber darum geht auch nicht.
Alle Teilnehmer waren freiwillig da, das garantiert eine gewisse Grundaufmerksamkeit. Man merkt, dass die Veranstalter sehr um eine reibungslosen Ablauf bemüht waren und da das Wort „bemüht“ so eine negative Wertung impiziert: sie alle haben einen großartigen Job gemacht! Es gab keine Verzögerung, keine lahmen Dozenten, die Vortragszeiten wurden eingehalten und die Vorträge waren in der richtigen Mischung aus fachlicher Präzision, Aktualität, notwendiger theoretischer Grundlagenvermittlung und – nennen wir es mal – aufweckenden und auffrischenden persönlichen Akzenten.

Langfristig profitieren:
„Mein“ Kurs ist jetzt ein gutes halbe Jahr her und ich habe das Gefühl, dass das alles noch sehr aktuell in mir drin arbeitet. Gut, wir haben viel mit Traumatologie zu tun, sowohl prä- als auch innerklinisch. Aber auch wenn dem nicht so wäre glaube ich, dass man mit diesem Kurs ein Rüstzeug an die Hand bekommt um im Ernstfall auch dann fit zu sein, wenn man ein oder zwei Jahre kein echtes Polytrauma mehr gesehen hat.

Was mir besonders gut gefallen hat:
Ich habe für die Praxis entscheidende Dinge mitnehmen können. Von vorne auf den Patienten zu gehen, sich vorstellen und bei dem Patienten bleiben. Den Kopf festhalten und Sicherheit vermitteln insbesondere bei Umlagerungs- oder Rettungsmanövern.
Die kleinen Kurse in denen eigentlich immer jeder in seiner Rolle bleiben konnte waren realitätsnah und konkret. In wenigen Situationen wurde ich selbst zum Patient und habe auch aus dieser Perspektive viele neue und wertvolle Aspekte mitnehmen können.
Es gab jederzeit frischen Kaffee, Saft und Wasser.
Was mir nicht so gut gefallen hat:
Kritische Punkte gab es eigentlich nicht, ein paar wenige Aspkete (Parkplatzsituation etc.) waren eher organisatorischer Struktur vor Ort und sind sicher nicht repräsentativ.

Fazit:
Hier ist ein sehr reifes Kurskonzept entwickelt worden, welches meiner bescheidenen Meinung nach und entsprechend der differenzierten Expertenmeinung für das deutsche Rettungswesen optimal aufgestellt ist. Ein Vergleich verschiedener Kurskonzepte führte mich zu dem Traumamanagement-Kurs und ich habe die Entscheidung für den – doch im Vergleich recht teuren – Kurs nicht bereut. Im Gegenteil, ich würde diesen Kurs immer wieder machen und auch jüngeren Kollegen empfehlen. Nach drei Jahren ist sowieso ein Auffrisschungskurs notwendig und ich freu mich schon jetzt darauf.

Wenn wir uns an einer Unfallstelle begegnen werde ich Dich vielleicht fragen: bist Du ABCDE-konform? Und dann werden wir uns mit der Ghetto-Faust mit einem wissenden Lächeln begrüßen, Du machst mir eine Übergabe und dann rocken wir das. Bei der Traumaversorgung geht es um den Kampf gegen einen richtig guten Gegner. Der Gegner hat in der Regel ein paar Minuten Vorsprung bis wir da sind.
Aber wenn ein Zahnrad ins andere greift ist der Wettkampf zu gewinnen und dann fährt und fliegt man mit dem guten Gefühl los, für diesen einen Patienten in seiner Notsituation die nach aktuellen Standards bestmögliche Versorgung geleistet zu haben.
Nicht irgendwie, sondern so gut wie möglich.

Das ist ein sehr gutes Gefühl.