Freunde, was hab ich mir da eingebrockt 😀
SIlvester und Neujahr dienstfrei! Das hatte ich vier Jahre nicht mehr. Das will genutzt werden! Hier ein paar Antworten auf ein paar Fragen…
„Du hast ja über dicke Patienten und das Schubladendenken geschrieben. Aber wie ist es eigentlich mit medizinischem Personal als Patient von dir? Egal ob Krankenschwester, Arzt oder was auch immer. Sind diese besonders schlimm? Wissen alles besser? Besonders lieb? Machos? Weicheier? Plauder mal bitte aus dem Nähkästchen. Danke!“
Als Patienten ist da für mich lediglich der Unterschied, dass ich statt Lungenentzündung Pneumonie sage und mich bei der Aufklärung meistens sehr kurz fassen kann. Ich pflege ein immer ehrliches und offenes Verhältnis mit Patienten und Angehörigen, da muss ich mich nicht verstellen oder gar aufpassen was falsches zu sagen.
Besserwisser sind eher in der Lehrerecke zu finden, letztens hatte ich auch mal einen Statistiker. Der war anstregenend. Aber auch der Kunde war nach einer zeitintensiven Aufklärung sehr zufrieden. Muss eben manchmal sein.
Gab es mal einen Fall bei dem ein Patient völlig paradox auf Medikamente reagiert hat bzw. gar nicht auf Medikamente? Und du nur noch gedacht hast “was war jetzt das?”.
Mhm. Nein. Es gibt schon manchmal paradoxe (also gegensätzliche) Wirkungen bei der Gabe von Medikamenten. Das ist dann aber auch oft bekannt. Bestes Beispiel sind die Medikamente die man zur Narkosevorbereitung gibt (Dormicum, Lorazepam o.ä.). Bei fast allen Patienten wirken diese Medikamente beruhigend, angstlösend und manchmal auch etwas einschläfernd. Bei Kindern aber auch bei muskelbepackten, tätowierten Mittzwanzigern findet man immer mal wieder einen mit panisch aufgerissenen Augen. Da ist die Wirkung dann tatsächlich gegensätzlich.
Wenn sich im Krankenhaus der Anästhesist als DER Anästhesist für meine OP vorstellt, ist er dann tatsächlich die ganze Zeit der OP bei mir? Oder macht er vielleicht nur die Ein-/Ausleitung und die Überwachung während der OP macht ein anderer Anästhesist?
Der Anästhesist der das Vorgespräch zur Narkose (die sgn. „Prämedikationsvisite“) macht ist sehr selten auch derjenige der dann die Narkose bei Dir macht. Das hat damit zu tun, dass wir z.B. in einem Team von fast 100 Anästhesisten arbeiten und irgendjemand eben die Prämedikationsvisiten machen muss. Dieser jemand kann an Deinem OP-Tag Bereitschaftsdienst, Notarztdienst, frei nach Dienst tausend Gründe haben nicht da zu sein.
Der Anästhesist der sich Dir vor der OP vorstellt ist in aller Regel dann auch während der ganzen OP dabei. Ausnahmen sind bei Privatversicherten, da sagt der Chef meistens kurz „Hallo“, spritzt das Schlafmittel und verabschiedet sich mit einem „Herr Narkosearzt, sie kommen hier klar, oder?“ wieder Richtung Chefarztgremium Nirwana.
Bis auf die Mittagspause bleibe ich immer bei dem Patienten. Wir machen keine Parallelnarkosen (also ein Anästhesist für zwei oder mehr Patienten), es gibt aber Häuser die auch das praktizieren. Da helfen dann sgn. ATAs dem Anästhesisten. Da schreib ich dann demnächst vielleicht auch mal was drüber.
„wie erkennt man nach einer Operation eigentlich den richtigen Zeitpunkt, ab dem ein Patient wieder alleine atmen kann? Die Frage ist vielleicht sehr dumm, aber ich hatte bei jeder meiner (zum Glück wenigen) Vollnarkosen immer ein bisschen Angst, dass ich entweder mit einem Schlauch in der Lunge aufwache oder alternativ einfach zu atmen aufhöre, weil ich doch noch nicht so weit bin…“
Das ist relativ einfach. Wenn der Chirurg fertig ist, werden die Schlafmedikamente ausgestellt und irgendwann fängt der Patient von selber an zu atmen. Wenn der Patient mit den Augen klimpert oder hustet oder sich sonstwie bemerkbar macht wird der Beatmungsschlauch entfernt. In der Phase danach können die Patienten meist auf einfache Fragen (Haben Sie Schmerzen? Kriegen Sie gut Luft?) mit Kopfnicken oder auch verbal adäquat antworten. An die ersten Minuten nach der Narkose kann sich kein Patient erinnern. Das explizite Gedächtnis benötigt in der Regel ein paar Minuten oder auch Stunden bis es wieder voll funktioniert. Also – keine Angst! Von der Entfernung des Beatmungsschlauchs bekommst Du nichts mit.
Hat schon einmal jemand in die ICE-NOTFALLKONTAKTE auf dem Handy eines Patienten geschaut?
Viele Grüße.
Du meinst sicher diese Aktion. An sich eine gute und sinnvolle Sache. Die Praxis zeigt, dass wir in der ersten Stunde der Versorgung eines Schwerverletzten mit anderen Dingen beschäftigt sind als dem Update des Facebook-Status oder der telefonischn Information der buckeligen Verwandtschaft. Handys machen sich wenn überhaupt im Schockraum oder präklinisch durch meist penetrantes Klingeln besorgter Familienmitglieder bemerkbar. Meist machen wir das Handy erstmal aus. Es sind in dem Moment andere Dinge wichtiger. Die Polizei kümmert sich dann um die Benachrichtigung der Angehörigen. Alles weitere läuft dann meistens auf der Intensivstation über den direkten Besuch oder ein Telefonat mit dem Diensthabenden.
Demnächst mehr an dieser Stelle…
Und wer es bis hier geschafft hat: ein gelungenes, fröhliches, gut-laufendes, ausgeschlafenes neues Jahr 2015!
Knallende Grüße,
der Narkosearzt