Nur ein einzelnes Reiskorn.

Kennen Sie Sissa ibn Dahir?
Wahrscheinlich nicht. Sollten Sie aber.
Angeblich lebte er etwa 300-400 n.Chr. in Indien und auf ihn geht die Schachbrettaufgabe zurück. Er hatte einen Wunsch frei und überlistet einen damals herrschenden Tyrannen indem er ihn um ein paar Reiskörner bat.
Auf dem ersten Feld des Schachbretts wollte er ein Reiskorn, auf das zweite Feld das doppelte (zwei Reiskörner), auf das folgende wiederum das doppelte (vier Reiskörner und so weiter. 

Der Tyrann durchschaute dies nicht, lachte und erklärte sich einverstanden. 

(https://de.wikipedia.org/wiki/Sissa_ibn_Dahir

Nach Tagen der Arbeit und des Rechnens vermeldete der Vorsteher der Kornkammer dem erstaunten Herrscher, dass alle Kornvorräte des Landes nicht reichen würden um diesen Wunsch zu erfüllen. 

In Worten lägen auf dem Spielfeld 18 Trillionen, 446 Billiarden, 744 Billionen, 73 Milliarden, 709 Millionen, 551 Tausend und 615 Körner. In Weizenkörnern wäre es das Tausendfache (!) der weltweiten Weizenernte 2014/2015.

Okay, wir haben also verstanden, dass sehr kleine Zahlen sehr schnell groß werden können. Es bleibt dabei – Corona und die Pandemie sind eine intellektuelle Herausforderung. Harmlose Dinge können sehr schnell, sehr großen Schaden anrichten. 

Sich in einfache Heilsversprechungen zu stürzen und irgendwelchen Schwurblern und Kristallzüchtern hinterher rennen ist der Weg des geringsten Widerstands. Komfortabel, aber dumm. 


Wir sind ja intelligent, also schauen wir uns genauer an was B117 oder andere Mutanten so gefährlich macht. Beim Coronavirus wird oft die Reproduktionszahl genannt. Die Reproduktionszahl (R-Wert) ist für das Verständnis der Pandemie und der Notwendigkeit einer Eindämmung wichtig zu verstehen. 

Ich will das hier nicht im Detail tun, das haben andere bereits getan (kann man unter anderem hier nachlesen: https://www.dw.com/de/coronavirus-was-ist-die-reproduktionszahl-r/a-53200591). 

Bei nur zehntausend (10.000) Infizierten – und wir sind gerade in Deutschland konstant bei weit höheren Zahlen, bedeutet ein R von 1,1 eine Vervielfachung nach folgenden Werten: 

10000, 11000, 12100, 13310, 14641, 16105 Infizierte. 

Schon nach 6 Zyklen wären wir also bei über 16.000 Infizierten. Das sind übrigens ungefähr die Zuwachszahlen die wir momentan in Deutschland haben. 

Wir wissen das aktuell (bei noch vorhandener Intensivkapazität) trotz Behandlung etwa 0,8% der Infizierten sterben. 

Nach obigen Zahlen wären das:

80, 88, 97, 106, 117 und schließlich 129 Tote.

Das ist eine sehr optimistische, also vom bestmöglichen Szenario ausgehende Variante.

Die nun folgende Rechnung für die neue Mutante (genannt B117) sieht dafür so aus. 

B117 ist wesentlich ansteckender, aus Großbritannien wird eine Reproduktionszahl von etwa 1,6 genannt. Dies bedeutet für die Infektionszahlen die folgenden Werte für 6 Zyklen: 

10000, 16500, 27225, 44921, 74120, 122298. 

Das sind fast sechs mal so viele Infizierte wie bei einer Reproduktionszahl von 1,1! 

Und damit wird auch verständlich, warum diese Variante so viel tödlicher ist. Selbst wenn die Sterblichkeit bei 0,8% bliebe, dann hätten wir (0,8% von 122.298 Infizierten) 978 Tote. Und bei dieser Anzahl an Infizierten und Intensivpatienten wird die Sterblichkeit nicht bei 0,8% bleiben, weil wir dann schon lange nicht mehr alle PatientInnen mit Sauerstoff, Beatmung und ähnlichem versorgen können.
(Das können Sie alles hier nachlesen: https://www.theatlantic.com/science/archive/2020/12/virus-mutation-catastrophe/617531/, da finden Sie auch die Links zu den Papern mit den Daten für die Berechnungsgrundlage).  

Dieses Szenario gilt es zwingend zu verhindern. 
Die Wahrheit ist unbequem, aber weitere Ausweichversuche werden wir noch teurer bezahlen. Jetzt ist die Zeit eine Ausbreitung der neuen Mutanten zu verhindern. Das geht nicht ohne eine Schließung aller Büros oder mindestens eine Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken in allen Innenräumen in denen Menschen zusammen kommen. Plexiglas schützt nicht vor Aerosol. Anderthalb Meter Abstand in einem Großraumbüro sind absolut nicht ausreichend als Infektionsprophylaxe. Busfahrer, Verkäufer im Einzelhandel – sie alle müssen zwingend mit FFP2-Masken versorgt werden.
Anders kriegen wir das nicht in den Griff. 

Es wird teuer, so oder so. Wir haben die Wahl ob es jetzt sehr weh tut und sehr teuer wird oder ob wir in zwei Monaten unsere Zögerlichkeit bereuen. Das Virus verhandelt nicht, es lässt sich nicht beschwichtigen. Jede Verharmlosung und Kompromissbereitschaft auf unserer Seite wird gnadenlos ausgenutzt. 

Fragen Sie mal Herrn Ramelow (MP Thüringen) und Herrn Kretschmer (MP Sachsen) – die beiden haben ihre Lektion gelernt und kriechen jetzt zu Kreuze.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-sachsen-kretschmer-100.html

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bodo-ramelow-gesteht-fehler-im-kampf-gegen-corona-17135034.html

Hört auf Experten, lasst Euch nicht von Schwurblern in die Irre führen.
Nutzt seriöse Quellen um an Informationen zu kommen. Facebook, Whatsapp oder Youtube sind für Freizeittipps, Geburtstagsgrüße und Kochtutorials geeignet. 

Achtet auf Euch, tut Euch mal was Gutes und bleibt gesund. 
Und ich mache mir jetzt ein schönes Risotto. 

Wann ist eine Intensivstation voll?

Woran ich mich seit März gewöhnt habe ist, dass viele Menschen mitreden möchten, die keine Ahnung aber dafür eine starke Meinung haben.
Aktuell erlebt man dies beim Thema der freien Intensivbetten. Da streiten niedergelassene HNO-Ärzte mit Betriebswirtschaftlern und weiteren Nicht-Klinikern.
Alle schauen auf das Intensivregister der DIVI und die Beteiligten werden nicht müde zu betonen, dass alles gut ist so lange wir noch freie Intensivbetten haben.

Dabei ist die Lage weit komplexer. Laut RKI werden in Deutschland 7% aller Patienten mit COVID-19 ins Krankenhaus aufgenommen. Nehmen wir Recklinghausen – 250 Neuinfektionen pro Woche bedeutet etwa 17 Patienten die pro Woche aufgenommen werden. Laut RKI werden ca. 17% der hospitalisierten COVID-Patienten beatmungspflichtig auf der Intensivstation. Das wären für den Kreis Recklinghausen etwa 3 Patienten. Das erscheint nicht viel. Problematisch ist, dass die Patienten im Durchschnitt 13,5 Tage auf der Intensivstation sind. Die liegen also noch da wenn die neuen kommen – und so weiter.

Aber wann ist eine Intensivstation eigentlich voll?
Man könnte ja denken – wenn es 20 Betten auf der Intensivstation gibt, dann ist diese mit Patient Nr. 20 voll. Weit gefehlt.
Auch auf einer Intensivstation unterscheiden sich die Patienten nämlich bezüglich der Schwere ihrer Erkrankung.
Es gibt Patienten die ohne Maschinen wie es sie nur auf einer Intensivstation gibt nicht überleben können. Das sind zum Beispiel Patienten mit einer schweren Lungenentzündung und gestörten Sauerstoffaufnahme die durch ein Beatmungsgerät beatmet werden müssen. Meist benötigen sie noch kreislaufstabilisierende Medikamente und starke Schmerzmittel, manchmal auch Schlafmittel für ein künstliches Koma. Nennen wir sie die roten. Patienten die ohne die Technik und Perfusoren auf der Intensivstation in kürzester Zeit tot wären.
Dann gibt es die orangen Patienten, die sind zwar nicht beatmet, aber benötigen zum Beispiel kreislaufunterstützende Medikamente. Diese Medikamente kann man nur geben wenn man gleichzeitig mit jedem Herzschlag den Blutdruck überwacht – auch das geht nur auf einer Intensivstation.
Dann gibt es die gelben Patienten. Bei uns liegen beispielsweise Patienten die nach einer Lungen-OP für die Operation zwar kurzzeitig an einer Herz-/Lungenmaschine angeschlossen wurden, jetzt aber wieder selbständig atmen können. Diese Patienten benötigen noch eine intensive Schmerztherapie, Atemtraining und Überwachung von Vitalparametern (Blutdruck, Atmung etc.). Diese Patienten benötigen weder ein Beatmungsgerät noch eine Dialyse, aber sie profitieren von der intensiven Betreuung und Überwachung einer Intensivstation.
Je mehr Neuaufnahmen zwingend auf die Intensivstation müssen, desto eher wird man diese gelben Patienten auf eine Normalstation verlegen müssen.

Nehmen wir an die Intensivstation ist voll, das Krankenhaus hat sich abgemeldet – für den Rettungsdienst kann diese Klinik nun nicht mehr angefahren werden.
Weit gefehlt wer sich mit seiner Intensivstation sicher fühlt. Manchmal kommt der Rettungsdienst nämlich doch und abweisen darf man einen Patienten nicht so einfach.
Viel häufiger kommt es aber bei Patienten die bereits im Krankenhaus zum Beispiel auf einer Normalstation liegen zu Komplikationen. Dann muss dieser Patient notfallmäßig beatmet werden (=roter Patient) und benötigt nun ebenfalls ganz dringend ein Bett auf der eigentlich vollen Intensivstation.
Nun muss ein freies Bett geschaffen werden und es beginnt die Suche nach dem Patienten der am wenigsten krank ist. Meist werden diese Patienten schon bei der Übergabe als potentielle Verlegungskandidaten markiert. Diese Patienten sind so krank, dass man sie eigentlich noch gerne auf der Intensivstation belassen möchte, aber eben zur Not verlegen kann, falls ein Bett für einen noch kränkeren Patienten benötigt wird. 
Es gehört zu den Herausforderungen der Leitung einer Intensivstation immer zwischen dem vorhandenen Angebot (an Betten) und der Nachfrage (durch Patienten die ein solches benötigen) zu vermitteln. Im Normallfall ist das auch kein Problem. Es gibt einen Graubereich in dem Patienten sowohl von der Intensivstation (besserer Pflegeschlüssel, mehr Behandlungsmöglichkeiten) als auch von der Normalstation (mehr Ruhe, Tag/Nacht-Rhythmus, weniger Risiko für multiresistente Erreger usw.) profitieren. Es gilt den richtigen Zeitpunkt für die Verlegung abzupassen.
Im normalen Klinikalltag funktioniert das sehr gut. Kritisch wird es wenn sich der Belegungsdruck für die Intensivstation durch immer neue Aufnahmen erhöht. Immer neue kritisch kranke Patienten die ein Intensivbett benötigen bedeutet, dass immer liberaler Patienten auf die Normalstation verlegt werden müssen die eigentlich noch nicht verlegungsfähig sind.
Gleichzeitig passiert etwas mit dem Arbeitsaufwand und der Betreuungsintensität der Patienten auf der Intensivstation. Immer weniger gelbe Patienten und immer mehr orange oder rote Patienten bedeutet eine enorme Zunahme der Arbeitsbelastung der Pflegekräfte und Ärzte auf der Intensivstation. Eine Pflegekraft kann im Frühdienst vielleicht zwei gelbe und einen orangenen Patienten versorgen. Zwei rote und ein oranger Patient sind schlicht zu viel für eine Pflegekraft. Man muss sich nur mal umhören und erfährt von Pflegekräften die vier oder fünf Patienten auf einer Intensivstation versorgen müssen. Alles geht – dank Wegfall der Pflegeuntergrenze! 
Diese Patienten müssen dann eben länger warten bis ihnen jemand den Schleim absaugt, oder bis jemand ihnen ein Schmerzmittel gibt oder die Beatmung anpasst. Die Qualität der Versorgung leidet darunter massiv, aber das ist eine politische Entscheidung und liegt nicht an der Unfähigkeit der betreuenden Pflegekräfte. Komplikationen und ein Schaden des Patienten sind vorprogrammiert.
Diese Mangelversorgung ist nicht nur geduldet sondern gewollt weil sie billiger ist als andere Lösungen.

Der immense Belegungsdruck welcher auf den Intensivstationen lastet wird aber auch in Richtung der Normalstationen weiter gegeben. Ein postoperativer Patient welcher noch intensiv Schmerztherapie, Atemtherapie und Mobilisationstherapie benötigt, wird auf einer Normalstation früher oder später untergehen. Selbst wenn das Personal dafür ausgebildet wäre, könnten sie aufgrund regelhafter Unterbesetzung die entsprechende Pflege gar nicht leisten.
Dies führt dazu, dass Patienten die mit der nötigen Unterstützung prinzipiell auf der Normalstation verbleiben könnten untergehen. Ohne eine gute Schmerztherapie wird der Patient sich nicht ausreichend bewegen, es kann zur Ausbildung von Beinvenenthrombosen kommen. Fehlt die notwendige Atemtherapie entwickelt der Patient minderbelüftete Areale in den Lungen, die Grundlage für eine Lungenentzündung. Mit Fortschreiten der Lungenentzündung geht es dem Patienten schlechter, schließlich muss er zurück auf die Intensivstation und gegebenenfalls sogar künstlich beatmet werden.
Das sind nur einige Beispiele, es ist wie immer weit komplexer, aber ich möchte es exemplarisch verständlich machen.
Nicht jeder Patient kommt zurück auf die Intensivstation, manche Patienten schaffen den Absprung Richtung Entlassung oder Reha. Je mehr Wackelkandidaten (=gelbe Patienten) man aber von der Intensivstation auf die Normalstation verlegt, desto höher wird das Risiko für Rückkehrer. 
Dann hat man zwei Probleme – auf der einen Seite eine rappelvolle Intensivstation mit richtig kranken Patienten (nur noch rote und orangene Patienten) und keine echten Verlegungskandidaten. Auf der anderen Seite Normalstationen die vermehrt anrufen und intensivmedizinsche Konsile anmelden weil sie sehen wie einige ihrer Patienten immer schlechter werden. 
Mittendrin der Intensivmediziner der sich dann entscheiden kann wer das Bett bekommt und wer „auf Normal“ muss.
Und was macht man dann, wenn der Rettungsdienst einen Patienten bringen will der zwei Straßen weiter reanimiert wurde? Oder wenn die Station anruft und einen Patienten ankündigt, der jetzt ins Herzkatheterlabor geht und danach ein Bett auf der Intensiv benötigen wird?

Was dann passiert habe ich in dem Artikel beschrieben der demnächst erscheint.

Coronaimpfung?Ja! Äh nein, ich mein… jein.

Im Film Armageddon rast ein Meteorit auf die Erde zu. Das Ende der Menschheit, das Ende dieses Planeten Erde ist sicher. 

Die Katastrophe scheint unabwendbar, man arbeitet dennoch fieberhaft an einer Lösungsstrategie. Eine Bombe von gigantischer Sprengkraft soll den Meteoriten sprengen. Die geplante Fernzündung ist nicht mehr möglich und so opfert sich Bruce Willis heldenhaft indem er die Bombe manuell vor Ort auslöst und so die Menschheit rettet. 

Der Vergleich hinkt an der einen oder anderen Stelle, aber ich erkenne gewisse Parallelen zur Impfdiskussion. Während ich im März noch dachte, dass sich alle auf die Impfung stürzen werden, haben die irren Verschöwrungsmythen Teile der Bevölkerung so verunsichert, dass sogar über eine Impfpflicht nachgedacht werden muss, falls sich zu wenige freiwillig impfen lassen. Manche sehen sich schon als Märtyrer, es mangelt nicht an pathetischen und absurd anmaßenden Vergleichen.  

Naiv wie ich war, dachte ich, dass jeder sich freiwillig impfen lassen wird sobald es möglich ist. Stattdessen erlebe ich sogar unter den Kollegen im Krankenhaus zunehmend kritische Stimmen. Da wird über Genmanipulation doziert, auf mögliche langfristige Nebenwirkungen verwiesen und überhaupt könne das ja nicht sein, dass ein Impfstoff auf einmal so schnell entwickelt wurde, wo es sonst Jahre dauert (btw – doch, das geht wenn man so wie jetzt unendlich viel Geld und Ressourcen zur Verfügung hat https://www.independent.co.uk/news/world/americas/coronavirus-vaccine-phase-3-covid-fda-cure-a9704111.html ). 
Kurzum – man kann diesem Impfstoff nicht trauen und will sich lieber erstmal nicht impfen lassen. 

Was sie eigentlich sagen wollen ist doch – ICH lasse mich erstmal nicht impfen, hoffe aber darauf, dass es möglichst viele andere tun. Nur so lässt sich eine solche Einstellung erklären. Niemand, wirklich niemand kann ernsthaft der Meinung sein, dass der jetzige Zustand noch weitere drei bis fünf Jahre auszuhalten wäre. 

Und würde das die Einstellung zum Impfstoff wirklich ändern? Wenn wir noch drei Jahre warten würden um dann sagen zu können es gibt sehr selten bis keine relevanten Nebenwirkungen? 

Der aktuelle Lockdown light, die lahmende Wirtschaft, Insolvenzen, steigende Arbeitslosigkeit, übervolle Krankenhäuser immer am Rande des Zusammenbruchs und der Aufschub von zwingend notwendigen Operationen bei Krebspatienten sind nur einige der Dinge die wir nicht noch drei oder fünf Jahre aushalten können. 

Wir haben die einmalige Chance mit einem in Rekordzeit entwickelten Medikament uns aus der Zange der Pandemie selbst befreien zu können. Neben Abstand halten, Maske tragen und sozialer Distanzierung gibt es nun endlich die Möglichkeit selber aktiv etwas gegen die Pandemie zu tun. Ich lasse mich impfen, damit das Virus nicht weiter verbreitet werden kann.
Auch ich werde mich selbstverständlich impfen lassen und es ist eigentlich traurig, dass ich mich dafür rechtfertigen muss.
Pseudointellektuelle YouTuber und sogenannte Querdenker haben für sich die Deutungshoheit über den Sinn und Nutzen einer Impfung gepachtet. Sie sind stolz darauf gegen eine Impfung zu hetzen und weil die Komplexität der Welt ihren Verstand übersteigt und Ihnen die naturwissenschaftlichen Grundlagen zum Verständnis der Wirkweise einer Impfung fehlen suchen sie nach einfachen Lösungen und finden diese indem sie hinter allem und jedem eine große Verschwörung wähnen. Statt eigene Defizite anzuerkennen und auf Experten und deren Empfehlungen zu hören halten sie sich selbst in ihrem selbstgebauten Konstrukt aus wirren Theorien und einer allgemeinen Skepsis für überlegen und uns die wir uns impfen lassen für dumm. 

Diese Menschen schaffen es Impfverweigerer als die Erleuchteten darzustellen und die Selbstlosigkeit einer Impfung zum Schutz des Anderen als Einfältigkeit zumindest aber unüberlegte Obrigkeitshörigkeit milde zu belächeln.

Die grundsätzliche Frage ob man sich impfen lassen sollte, stellt sich für mich nicht. Außer einer medizinisch begründbaren absoluten Kontraindikation (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Kontraindi/faq_impfen_Kontraindi_ges.html) gibt es keinen Grund sich nicht impfen zu lassen. 

Übrigens – wer beispielsweise mal mit Eltern von Kindern redet die aufgrund schwerer systemischer Erkrankungen selbst nicht geimpft werden können, versteht welch ein Privileg es ist, geimpft zu werden. Wer hingegen mit seinem aus medizinischen Gründen (s.o.) ungeipmften Kind immer darauf angewiesen ist, dass andere sich impfen lassen kann verstehen wie sehr diese sich eine Impfung wünschen würden um nicht mehr Angst vor einer Infektion zu haben. 

Unabhängig davon darf man aber darüber diskutieren welchen Impfstoff man verwenden sollte. Hierzu empfehle ich den Übersichtsartikel unter 

https://www.bmbf.de/de/das-sollten-sie-ueber-impfstoffe-wissen-12724.html

Es macht einen erheblichen Unterschied ob ein Totimpfstoff, Lebendimpfstoff, Vektorimpfstoff oder mRNA-Impfstoff verimpft wird. 

Es ist noch zu früh für eine abschließende Beurteilung hinsichtlich der Empfehlung für oder gegen einen bestimmten Impfstoff. 

Wenn es soweit sein wird, vertraue ich auf die geballte Kompetenz von Experten des RKI die zu gegebener Zeit und nach sorgfältiger Güterabwägung eine belastbare Empfehlung aussprechen werden. 

Ich empfehle mal sich durch die Teammitglieder der Kommissionen des RKI zu klicken, hier zB. die KRINKO: 

https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/KRINKO/Mitglieder/mitglieder_node.html;jsessionid=EF4C180478965B0464007A8BB9EC0344.internet082

Es ist beeindruckend wieviel Leidenschaft, Zeit und Fleiß diese Menschen in ihren wissenschaftlichen Werdegang investiert haben um dort hin zu kommen wo sie jetzt sind. Diese hochintelligenten Menschen investieren den Großteil ihrer Lebenszeit für uns und um uns bestmöglich zu beraten. 

Wenn eine Expertenkommission aus EpidemiologInnen, InfektiologInnen und IntensivmedizinerInnen zu einer Entscheidung für oder gegen eine medizinische Maßnahme kommen, dann vertraue ich auf dieses Team.
Sorry Klaus! 

Da geht noch was – Corona für alle

Manchmal ist es doch ganz schön, wenn man Dinge geklärt hat. Reinen Tisch machen und so. Keine falschen Annahmen mehr, keine Unsicherheit.
Zumindest die MitarbeiterInnen an der Uniklinik Aachen sollten spätestens jetzt genau wissen wo sie stehen. Die Mitarbeiter dürfen auch nach Exposition und direktem Kontakt mit Coronapatienten weiter arbeiten gehen, sonst würde nämlich die Versorgung zusammen brechen. Während der Kreis Heinsberg nach mehr medizinischem Personal ruft sagt Aachen – alles halb so wild. Bei Hochrisikoexposition bleiben alle zuhause – nur bitte nicht das medizinische Personal.
Für unsere Arbeitszeit und unseren Arbeitsschutz gelten wie für viele weitere Bereiche andere Regelungen, Gesetze und Empfehlungen. Wir müssen etwas ganz besonderes sein.

Als die Schutzkleidung knapp wurde, hat man als erstes wurde die Isolationspflichtigkeit angepasst. Jahrelang gültige Regelungen wie wir mit erheblichem Aufwand isolieren und erst nach Anlage von erweiterten Schutzmaßnahmen zum Beispiel Patienten mit multiresistenten Erregern untersuchen und behandeln sollen sind auf einmal nicht mehr so wichtig. Unter der Hand gab es die Anweisung mehrere Patienten mit einem Kittel zu untersuchen, Schutzkittel sollen bitte mehrfach verwendet werden und nicht direkt weggeworfen werden.
Bevor es nämlich unbequem, aufwändig oder sogar teuer wird weil man OPs absagen muss, Betten sperren oder sogar (Intensiv)stationen abmelden müsste ändert man lieber die Hygienepläne. Zur Not auch gegen die Empfehlung des RKI, siehe Aachen.

Alle Kolleginnen und Kollegen die im Krankenhaus arbeiten und nicht nur Merci-Packungen verteilen und darüber reden wissen wie es um unser Gesundheitssystem bestellt ist.
Es ist ein röchelnd hustender, ausgemergelter und zeitweise nur noch ermattet zuckender Patient. Wenn Besuch kommt dann wird er geschminkt, frisch angezogen und ins Stühlchen gesetzt. Das ändert nichts am Grundproblem aber der Besuch kann beruhigt nach Hause fahren und muss das ganze Elend nicht sehen.
Bei Zertifizierungen wird sich gegenseitig in die Tasche gelogen, echte Defizite werden nicht angesprochen oder gar behoben sondern wenn überhaupt immer nur provisorisch geflickt. Die Grenze des Machbaren wird stetig weiter verschoben.
Ich will das an einem Beispiel klar machen. Auf einer internistischen Normalstation mit 10 Zimmern à 3 Betten waren nachts immer zwei examinierte Pflegekräfte und meist eine SchülerIn anwesend. Überflüssig zu erwähnen, dass diese Patienten weit weniger pflegebedürftig waren als sie es heute sind. Das war so Ende der 90er Jahre. Irgendwann wurden die Schüler als gleichwertige Pflegekraft gezählt. Nachts waren jetzt meist eine examinierte Pflegekraft und ein/e SchülerIn für eine Station mit 30 Patienten zuständig. In den folgenden Jahren wurde die Stelle der Schüler gestrichen, eine Pflegekraft für eine Station musste reichen.
30 Patienten, eine Pflegekraft. Wir reden immer noch von Patienten, nicht von Bewohnern. Patienten die Schmerzen haben, denen der Verband durchblutet, die auf dem Weg zur Toilette stürzen, Patienten denen man auf helfen muss und die wieder ins Bett gebracht werden müssen. Patienten die sich übergeben und in ihrem Erbrochenen liegen und bei denen das Bett dann eben auch nachts um 3 neu bezogen werden muss. Patienten mit Angst und Schlaflosigkeit, die eine Schlaftablette haben möchten. Patienten die Luftnot bekommen und die dem Dienstarzt vorgestellt werden müssen. Patienten bei denen Akutanordnungen gegen Luftnot gemacht werden und bei denen diese Medikamente fachgerecht oral, inhalativ oder intravenös verabreicht werden müssen. Für all diese Patienten gibt es also nachts eine Pflegekraft. Auf dem Papier ist das auch immer noch so – einzig, es fehlt das Personal. Anstatt durch ernsthafte Handlungspläne den Beruf attraktiver zu machen (bessere Bezahlung!, Anpassung der Arbeitszeiten, Betriebskindergarten etc.) und für echte Entlastung zu sorgen (durch Einstellung von Fachkräften aber auch HIlfspersonal z.B. zur Blutentnahme, zur Essensausgabe etc.) bleibt alles beim alten.
Als die Dienstpläne immer löchriger wurden hat man sich etwas pfiffiges überlegt. Gegenüberliegende Stationen bzw. Stationen die auf einer Ebene liegen werden funktionell zusammengefasst. Statt also bisher bis zu 30 Patienten, versorgt eine Pflegekraft aktuell nachts bis zu 60 Patienten. Problem gelöst, der Dienstplan hat keine Lücken mehr und Geld haben wir auch noch gespart.
60 Patienten für eine Pflegekraft.
Das ist genauso wahnsinnig, verantwortungslos und zum Scheitern verurteilt, wie es sich anhört. Ich habe Menschen morgens tot im Bett liegend gefunden, die zuletzt vom Spätdienst gesehen wurden. Einfach weil keine Zeit war für eine normale Zimmerrunde.
Das ist dann eben so, ein schicksalhafter Verlauf, herzliches Beileid, weitermachen.
Und wer glaubt, dass es nicht schlimmer geht hat noch nicht den Plänen von teuer bezahlten Beraterfirmen gelauscht die selbst dort noch Einsparpotenzial sehen. Immer mehr Chefärzte führen stolz ein MBA im Titel, das ist ein Master of Business Administration. Ohnehin von akademisch fragwürdiger Qualität sollen mit diesem berufsbegleitenden Studiengang besondere Kenntnisse in Betriebswirtschaft, Controlling und Finanzwesen nachgewiesen werden.
Viel wichtiger als medizinische Inhalte sind finanzielle Aspekte. Das wissen wir seit Jahren, aber so richtig gerne mag das keiner mehr hören. Wir sollen weiter arbeiten und das Krankenhaus soll Geld erwirtschaften. Geld verdienen mit Menschen die krank sind.
Das ist genauso wahnsinnig, verantwortungslos und zum Scheitern verurteilt, wie es sich anhört.

Wir sind Helferinnen und Helfer. Wir sind Spezialisten in Teilgebieten der Medizin mit unterschiedlichen Aufgaben. Was uns alle vereint – wir wurden in unserer ganzen Ausbildung immer nur darauf trainiert und spezialisiert Menschen zu helfen. Wir haben es nie gelernt Bedingungen zu stellen. Bis heute heißt es wir müssen da durch, sollen runterschlucken, akzeptieren. Wir sehen die Auswirkungen maroder Finanzplanung und versuchen diese durch noch mehr Dienste und noch mehr Verzicht auf Freizeit und Erholung zu kompensieren. In den Diensten selber ist die Arbeitsbelastung teilweise absurd hoch. Ich hätte gestern im Spätdienst problemlos drei Kolleginnen beschäftigen können. Ich war aber alleine, also habe ich das gemacht was zwingend notwendig war und das was sinnvoll und notwendig gewesen wäre nach hinten geschoben. Ein ZVK-Wechsel bei ansteigenden Infektwerten? Muss der nächste Dienst machen, hoffentlich schaffen die das. Vielleicht hat der Patient bis dahin eine Sepsis. Das ist dann eben so, ein schicksalhafter Verlauf, herzliches Beileid, weitermachen.
Wir drehen uns im Kreis. Immer mehr Arbeit mit immer weniger (Fach)personal. Jeder weiß es, niemand ändert etwas. Wir fahren weiter auf Kurs Kollision.

Das was in Aachen gemacht wurde war wieder mal eine solche Verschiebung der Machbarkeitsgrenze. In Aachen gibt es noch sehr leisen Widerstand – nichts was die Klinikleitung an ihrem Vorhaben hindern könnte. Die nächsten Kliniken werden sich still und leise anschließen, irgendwann ist es dann der neue Standard.
Machen ja alle so.