Zahnstatus

Zackige Einleitung bei Darmverschluss, unter anderem Frage an die Patientin:
NA: „Sind ihre Zähne alle fest oder wackelt da einer?“
Pat: „Alle fest.
NA: „Darf ich mal sehen.“ (Mund weeeeeeeit aufmachen, die Zunge rausstrecken, Danke, ich mache das Kreuzchen mal bei „sanierungsbedürftig“
Pat: „Ach so da oben ja da fehlt einer“
(Diese Antwort ist korrekt…)
Pat: „Mein Mann hat vorgestern Frikadellen gemacht und da ist mir einer rausgebrochen“

Is klar, das müssen wirklich feste Zähne sein, die sie da haben!
Mmmffffmfmfmfmrrrmrf.
Einmal Betonfrikos mit Zementpanade! Danke

Norbert, 53 J. männlich

Norbert griff sich filmreif an die Brust und hätte einen Seufzer ausgestoßen, dafür war aber nicht genug Luft in den Lungen. Also verkniff er nur das Gesicht und schnappte das berühmte Fisch-auf-dem-trockenen-Lied. Zwei Minuten später lernten wir uns kennen. Guten Tag, Narkosearzt mein Name sie haben uns gerufen, wir reanimieren dann mal.
Das war an einem nicht zu sonnigen Montag um 14:15 Uhr.

Am Mittwoch war Norbert unterwegs zu seiner Schwester. Norbert wohnt da wo man viele Berge sehen kann, seine Schwester wohnt da wo man viel nichts und viel Wasser sehen kann. Bei seiner Schwester musste er erstmal einen langen Spaziergang mit dem Hund machen weil ihm die lange Autofahrt doch ungewöhnlich stark zugesetzt hatte. Irgendwie schmerzte auch das Bein. Muss das Wetter sein. Außerdem, was von selbst kommt, geht auch von selbst. Vielleicht morgen mal zum Arzt. VIelleicht.
Trotz frischer Seeluft hatte er das Gefühl gar nicht richtig durchatmen zu können und legte sich viel früher als sonst hin weil der erste Tag an der See ja sowieso immer ganz müde macht. Norbert fuhr ausnahmsweise schon am Samstag nach Hause. Am Montag musste er wieder zur Arbeit und da wollte er sich noch ein wenig ausruhen, so von zuhause.    
Am Sonntag tat ihm das Bein weh. Am Montag ging Norbert mit dem Hund und seinem wehen Bein raus, obwohl er so schlecht Luft bekamn.
Im Park brach Norbert dann zusammen. Eine Passantin (die Heldin der Geschichte!) eilte zu ihm hin, rief den Rettungsdienst und blieb bei Norbert. Als der RTW ankam (ohne Notarzt) ging es Norbert schon besser. Er wolle nicht ins Krankenhaus, es geht schon wieder, alles halb so schlimm. Der RTW fuhr weg, Norbert bekrabbelte sich und wollte weitergehen. Ein paar Meter weiter brach er erneut zusammen. Erneuter Anruf unserer Heldin beim Feuerwehr-Callcenter die darauf etwas genervt reagierten. Es wäre bereits ein RTW vor Ort gewesen. Die Passantin blieb dabei, der RTW kam erneut, diesmal mit Notarzt, der Patient wurde (immer noch gegen seinen Willen aber mit viel gutem zureden) ins Krankenhaus gebracht. Dort kam er nach der Aufnahme zunächst auf die Überwachungsstation, ein CT sollte im Verlauf erfolgen. Dazu kam es nicht mehr. Dafür lernten wir uns dann kennen.

Norbert jappste nur noch als ich ihn sah, hatte aber noch einen schwach tastbaren Puls. Auf dem Weg zum CT wurde Norbert pulslos, also brachen wir das ab und bogen unter Reanimation (im Bett!) links ab auf die Intensivstation. Es war das erste und bisher einzige Mal, dass wir einen Pat. fahrend reanimiert haben. Sah bestimmt filmreif aus. Wie in einem echten Krankenhaus.
Auf der Intensiv erwartete uns eine doppelte Intensivbesetzung (Schichtwechsel) und wir konnten uns mit sechs Leuten abwechseln. Norbert hatte in Millisekunden sämtliche Katheter in sämtlichen vorhandenen und nicht vorhandenen Körperöffnungen und es lief eine Reanimation nach Lehrbuch, das ERC wäre stolz auf uns gewesen. Im Notfallecho sah man einen riesengroßen rechten Ventrikel, die Klinik und die Anamnese ließen nur einen Schluss zu > Rescuelyse. Dabei wird ein Medikament gegeben, was ca. 1000€ kostet dafür aber auch Blutgerinnsel auflösen kann und zwar pronto. Dafür kann man dann auch mal 1000€ nehmen.
Wir haben Norbert 60 Minuten reanimiert, danach gekühlt (schützt das Gehrin), aufgewärmt und nach zwei Tagen den Beatmungsschlauch entfernt. Am vierten Tag konnte er die Intensivstation verlassen, ging direkt in die Reha (mit Marcumar, einem Blutverdünnungsmittel) und war schon bei der Verlegung ohne erkennbare, neurologische Defizite. Kein Hirnödem, keine Wortfindungsstörungen, keine Schluckstörungen, Norbert war komplett der alte! Und wollte erstmal nen Kaffee.
Leider haben wir Norbert nie mehr wiedergesehen, eine Intensivschwester traf ihn beim einkaufen.
Ich glaube, er war sich nie darüber bewusst, wie viel Glück er gehabt hat. Wäre er auf der Wiese im Park reanimationspflichtig geworden, er wäre wahrscheinlich ein Wachkomapatient. Wenn überhaupt.

Norbert blieb in drei Jahren Tätigkeit auf dieser Intensivstation der einzige Patient den ich erlebte, der eine Reanimation ohne neurologisches Defizit überlebte und wieder ohne Abstriche ganz der alte wurde.

Narkose in sicheren Händen

Jeder Beruf hat ja seinen Berufsverband. Die veröffentlichen meistens eine Zeitschrift (bei den österreichischen Gynäkologen das „Speculum“, aber ich schweife ab…) und gerne auch mal ein paar andere Informationen um den anderen, fachfremden Menschen mal zu sagen was so bei uns Sache ist.
Bei mir ist das der Berufsverband deutscher Anästhesisten. Und die haben jetzt eine wie ich finde sehr schöne und durchstöbernswerte Internetseite gebastelt welche hier zu finden ist:

www.sichere-narkose.de

Dafür bekomme ich kein Geld oder so, ich finde die Seite einfach gut gemacht. Es stehen die wichtigen Fragen und dazu richtigen Antworten drauf, es gibt ein paar nett gemachte Poster und allgemein belastbare Informationen zum Thema der Anästhesie und zwar nicht von selbsternannten Forenexperten sondern von ausgebildeten Spezialisten. Ich würde mir eine ähnlich ansprechend und leicht verständlich gemachte Internetseite mal zum Thema Intensivstation, Patientenverfügung oder Quantenphysik wünschen.
Oder bin ich da vorgeschädigt, weil ich so in dem Thema drin bin?
Kennt jemand ähnlich gute Internetseiten zu komplexen, medizinischen Themengebieten? Etwas das man guten Gewissens Freunden und künftigen Patienten empfehlen kann?
Einen schönen Sommer wünscht,

der Narkosearzt